Hintergrund
Der Titel des Bildes „Sieben gegen Theben“ leitet sich her vom letzten Teil der Ödipus-Trilogie.
Die Tragödie erzählt die Schlacht um die Macht in Theben zwischen den Brüdern Eteokles und Polyneikes, den zwei Söhnen des Ödipus‘.
Zugleich impliziert das Bild aber auch einen Hinweis auf deren Nachfolgegeneration,
welche den fehlgeschlagenen Versuch ihrer Väter in einem erneuten Krieg, dem sogenannten Krieg der Epigonen
zu vollenden gesuchten.
Aus psychologischer oder vielmehr psychotherapeutischer Sicht erscheint eine Interpretation in Richtung
des mittlerweile totgeschwiegenen, doch in der Praxis noch sehr lebendigen Schulenstreits der therapeutischen
Ausrichtungen und Glaubenslager interessant. Sind es doch die unmittelbaren Nachkommen Ödipus‘, der als Stellvertreter
des Beginns psychotherapeutischen Denkens gelten mag, die sich in hitzigen Gefechten gegenseitig die Köpfe einschlagen,
im Kampf um die Vormachtsstellung. Sowohl in der Kinder- wie auch in der Enkelgeneration scheinen hierbei
die kriegerischen Kollateralschäden unverhältnismässig.
Sinnbildlich für den Fluch des Epigonentums im Künstlerischen bedient sich Wacker sechs verschiedener Bildsprachen
unterschiedlichster und von ihm geschätzter Künstler, den siebten stellt er im Selbstportrait selbst dar.
Somit führt das Bild scheinbar ad absurdum resp. zu einem Zirkelschluss:
Durch das epigonistische Nachahmen anderer Nachahmer, was letztlich in der Kunst per se unvermeidbar scheint,
da jegliche gestalterische Ausformung qua deterministischer Prägung von den Vorgängergenerationen beeinflusst ist
(auch oder gerade selbst dann, wenn man avantgardistische Gegenentwürfe verfolgt), entsteht ein quasi „neues“ Bild.
Dass dieses eine überragende Kulturleistung von bleibendem Wert sein könnte, bezweifelt der Maler zugleich aber selbst.
Nicht ohne eine gewisse Selbstironie kokettiert Wacker somit mit der eigenen künstlerischen Unbedeutsamkeit
und dem steten Bestreben eines jeden Künstlers, eine eigene, noch nie dagewesene Bildsprache, einen Ductus oder eben allgemein
eine Veräusserungsform zu entwickeln und sich damit von der breiten Masse abzuheben.
Der Untertitel „Weh dir, daß du ein Enkel bist!“, ein Mephisto-Zitat aus Goethes Faust, deutet auf den Fluch jeglicher Kunstambitionierten hin:
Zum einen zwingt es jeden Kunstschaffenden dazu, bisherige Kulturschöpfungen umfänglich zu ergründen, zu bewerten und
das vermeintlich Wertlose auszumustern, zugleich aber auch „Besseres“ hervorzubringen.
Zum anderen umschreibt es auch die stets begleitende Angst, dass die Urväter schon alles Wesentliche
erschaffen haben könnten und es gegebenenfalls ja auch verunmöglicht sei, etwas Bahnbrechendes,
noch nie Dagewesenes oder eben die Menschen in ihren Bann ziehendes zu kreieren.
Banksy beispielsweise treibt diese Künstlerbürde in seinem (vemeintlich) geklauten Picasso-Zitat
“The bad Artists imitate, the great Artists steal” (Pablo Picasso durchgestrichen, Unterschrift „Banksy“)
überragend humorvoll auf die Spitze.
Die Malerei ist tot, es lebe die Malerei.