grobe fehler

mein narzissmus ist immer noch 2x geiler als deiner

Hintergrund

Das Bild stellt als Comic konzipiert zwei Szenen gegenüber (bzw. in autobiografisch chronologische Abfolge), die zwei Perspektiven ein und derselben Thematik resp. Problematik verdeutlichen möchte: Das Anrichten von Unheil im unmittelbaren sozialen Umfeld, allein bedingt durch die Selbstbezogenheit des eigenen Handelns. Links die Verarbeitung des Suizids einer Patientin und konsekutive Konflikte mit einem Kollegen, der von selbstüberhöhenden wenngleich vielmehr kompensatorischen Motiven geleitet, unter Verzerrung der Realität (Pinocchio-Allegorie) persönliche Grenzen überschreitet und somit deutliche Affekte mobilisiert. Rechts der adaptierte Caravaggio´sche Narziss mit Selbstbezug zum Maler, sich in seiner Selbstverliebtheit am schrillen Spiegelbild ergötzend, primitiven Bedürfnissen sowie Schmeicheleien folgend, angedeutet durch die lasziv an der Stange posierende Frau. Alles erscheint hierbei getaucht in eine schillernd-bunte, reizüberflutende Rummelatmosphäre, die als Schnittmenge quasi beide Fauxpas vereint. Das 3D-Piktogramm-Männchen, resigniert angelehnt, sowie die leuchtende Reklame („Break Cancer“) verweisen auf die Aufarbeitung der Tumor-Erkrankung und den drohenden Tod des Vaters. Die Wahl der Räumlichkeit, ein Klassiker unter den Fahrgeschäften („Break Dancer“), in Kombination mit dem Wortspiel lässt sich hierbei verstehen als Reminiszenz an das Urgefühl der Vertraulichkeit; erschüttert durch die plötzliche Diagnose werden Kindheitserinnerungen geweckt, und die Relevanz der beiden „Haupt“-Szenerien in ihrer Bedeutsamkeit in Frage gestellt. Zugleich schafft das Sujet des „Jahrmarkts“ einen Querverweis zum quasi-dialektischen und „kollusionistischen“ Gegensatzpaar der Oknophilie und des Philobatismus´; beides von Balint geprägte Begriffe, welche das „Klammern“ resp. das „Freiheitsstreben“ umreissen und ein Grundproblem in jeglicher Beziehungsgestaltung vergegenwärtigen.


„Hier haben wir es mit dem Schwinden des Gleichgewichts, dem Schwindel und der Angst zu tun. Um Sicherheit und Standfestigkeit wiederzugewinnen, klammern, lehnen wir uns an, suchen nach etwas Festem, gleichwohl haben wir diese Situation aufgesucht, die Angst selbst geweckt, um sie auszuhalten. Mit welcher Mischung aus Furcht und lustvoller Erwartung genießen es manche von uns, in der Achterbahn etwas von der Schwerkraft zu verlieren, wobei die Haltestange zu einem fast magischen Gegenstand wird. […] Kurz gesagt: beim 'Thrill' geht es um das Aufgeben und die Wiedergewinnung von Sicherheit bzw. um Furcht, Wonne und Hoffnung.“ (Balint)

Auf der Metaebene assoziiert das Bild somit den Nervenkitzel des Jahrmarktes mit erotischen Erlebnissen, den Schrecken des Lebens per se und dem immer-währenden Streben nach Halt. Dass das Werk unter Beimischung gängiger Psychopharmaka erschaffen wurde, zeigt zeitgleich die Verzweiflung und teilweise „Überforderung“ auf, die diese Themenkomplexe im Menschen auszulösen scheinen.

  • Künstler Andreas Wacker
  • Jahr 2015
  • Details Oil, Adrenalin, Lorazepam, Olanzapin, Quetiapin and Escitalopram on Canvas
  • Maße 200x100cm
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