die oneironautin

Hintergrund

Die Inspiration für das Bild entspringt der häufigen Arbeit mit schizophrenie-erkrankten KlientInnen im Rahmen der klinischen Tätigkeit an der psychiatrischen Klinik Münsterlingen. Eine subjektiv erlebte Abspaltung von der Realität erscheint für die Aussenwelt als wohl das Heraus- und vielleicht Überforderndste in Bezug auf die Nachvollziehbarkeit. Das Gefangensein in furchteinflössenden und isolierten Parallelwelten, das Verschwimmen der Grenzen zwischen dem Ich und dem Aussen, zwischen sensueller Perzeption und hirneigener Produktion der Reize, das dem Verlust der Realitätsprüfung geschuldete Ausgeliefertsein gegenüber dem letzten verbleibenden Bezugspunkt: Sich selbst. Und seinen Ängsten, Komplexen, Zweifeln. Die Überladenheit der Symbolik spiegelt auf malerischer Ebene die Reizüberflutung resp. verlustig-gegangene Reizfilterung wider, die in ihrer Dichte den Betrachter bedrängt und zunächst zurückschrecken lassen möchte. Somit entsteht im Beobachter in Ansätzen ein vergleichbarer Wesenszustand, wie er bei Psychoseerkrankten zu vermuten ist. Die Marienerscheinung mag das Abdriften in geschlossene und schwerlich aufweichbare Wahngebäude repräsentieren, der Pfau mit seinen „1000 Augen“ die (unverwesliche) paranoide Denkstörung, und konterkariert somit die landläufige Assoziation der Eitelkeit. Die Fliege als mittelalterliches Symbol des Teufels sowie für Krankheit, Tod und Verderben, bringt die ursprüngliche Deutung der Erkrankung als „Besessenheit“ auf die Spitze. Der Clown als schrille Aussenseiterfigur, der kollektive Werte und Ansichten auf den Kopf stellt und mit der gesellschaftlichen Rolle des sozial Untergeordneten identifiziert wird, schafft zugleich einen paradoxen Ankerpunkt im Bild, verströmt er doch am ehesten noch einen Zufluchtspunkt der Geborgenheit. Der Salzkreis als abergläubischer Ritus zur Abwehr der Geister und Toten ist einem realen Erlebnis der stationären Arbeit geschuldet, handelt es sich doch um den verzweifelten Versuch einer betroffenen Klientin, ihren psychotischen Ängsten etwas zu entgegnen.

  • Künstler Andreas Wacker
  • Jahr 2014
  • Details Oil on Canvas
  • Maße 100x100cm
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